In den letzten Jahren seines Lebens sprach Johann Wolfgang von Goethe mit Johann Peter Eckermann. Dieser schrieb diese Erzählungen auf und veröffentlichte sie im Jahre 1836. Unter dem Datum 29. Februar 1824 vermerkt Eckermann:
„Darauf erzählte mir Goethe die Nachricht von dem Tode Eugene Napoleons (Herzog von Leuchtenberg), die diesen Morgen eingegangen, welcher Fall ihn tief zu betrüben schien. „Er war einer von den großen Charakteren, sagte Goethe, die immer seltener werden, und die Welt ist abermals um einen bedeutenden Menschen ärmer.“
Daraus kann man schon erkennen, dass Eugen in den Augen Goethes großes Ansehen genoss. Weiter schreibt Eckermann:
„Ich kannte ihn persönlich; noch vorigen Sommer war ich mit ihm in Marienbad zusammen. Er war ein schöner Mann von etwa zwei und vierzig Jahren, aber er schien älter zu sein, und das war kein Wunder, wenn man bedenkt, was er ausgestanden und wie in seinem Leben sich ein Feldzug und eine große Tat auf die andere drängte.“
Ein Punkt muss Goethe aber in besonderer Erinnerung geblieben sein: Der Ludwigskanal.
"Er teilte mir in Marienbad einen Plan mit, über dessen Ausführung er viel mit mir verhandelte. Er ging nämlich damit um, den Rhein mit der Donau durch einen Kanal zu vereinigen. Ein riesenhaftes Unternehmen! Wenn man die widerstrebende Lokalität bedenkt. Aber jemandem, der unter Napoleon gedient und mit ihm die Welt erschüttert hat, erscheint nichts unmöglich. Karl der Große hatte schon densel¬ bigen Plan und ließ auch mit der Arbeit anfangen, allein das Unternehmen geriet bald ins Stocken: der Sand wollte nicht Stich halten, die Erdmassen fielen von beiden Seiten immer wieder zusammen.“
Eugen war wohl schon mit diesem Projekt vertraut, als Napoleon I. im Jahre 1800 zwei Ingenieure mit einer Machbarkeitsstudie beauftragte und nach Bayern schickte. Napoleon hatte Erfahrung mit Kanälen. In Frankreich ließ er mehrere erbauen, am bekanntesten ist wohl der Nordkanal, der Antwerpen über die Maas mit dem Rhein verbinden sollte.
Aber auch Eugen war mit dem Bau von Kanälen vertraut, entstand doch in seiner Regierunszeit in Italien der Kanal von Mailand nach Pavia.
Als Eugen schon in München weilte, beauftragte das bayerische Finanzministerium im Jahre 1818 Heinrich Freiherr von Pechmann einen möglichen Kanalbau zu untersuchen. Doch der Landtag war zerstritten und das Projekt wurde zurückgestellt. Goethes Aussagen lassen den Schluss zu, dass sich Eugen danach ernsthaft damit befasst hat. Leider sind keinerlei Unterlagen, wie Notizen, Skizzen oder Pläne von Eugen bekannt.
Für Eugen wäre ein Kanal über Beilngries, so wie er heute besteht, hochinteressant gewesen. Liegt doch sein Schloss Hirschberg am östlichen Rand seines Fürstentums und er hätte damit einen Zugang zum Kanal gehabt.
Foto: Hager / Hoedt, Eichstätt
Im Vordergrund Schloss Hirscherg,
dahinter Beilngries und der Kanal
Eugen starb 1824 und ein Jahr später wurde Kronprinz Ludwig König von Bayern. Vielleicht war es gerade seine Ablehnung gegenüber Eugen, dass er sich dessen Plan zum Bau eines Kanals annahm. Denn bereits ein Jahr später wurde mit den Planungen begonnen. Letztendlich wurde der Kanal unter großer Einflussnahme durch König Ludwig I. erbaut und 1845 feierlich eingeweiht.
Josef Schönwetter