Die Stadt Traunreut hat dieses Jahr zum Treffen der Ortsfreundschaft Leuchtenberg nach Stein an der Traun eingeladen.
Schlossherr Sebastian Ziegler freute sich im Appell-Saal des Schlosses darüber, Gastgeber dieses Treffens sein zu dürfen. Schloss Stein sei im 19. Jahrhundert neben Seeon ein wichtiger Ort für die Leuchtenbergs gewesen. Beide Liegenschaften seien im Besitz seiner Großmutter Ilse Wiskott gewesen, die allerdings Seeon verkaufen musste, um Schloss Stein erhalten zu können.
Traunreuts 3. Bürgermeister Johannes Danner, der auch Stadtheimatpfleger ist, erinnerte daran, dass Amelie, Kaiserin von Brasilien, 1845 Stein gekauft habe. Er bezeichnete die Leuchtenbergs als eine europäische Familie mit einer in vielen Bereichen tragischen Geschichte. Danner berichtete den Gästen, die teils von weither angereist waren, dass die junge Stadt Traunreut mit Schloss Stein und Schloss Pertenstein zwei historische Schlossanlagen in ihrem Gemeindebereich hat.
Der Vorsitzende des Freundeskreises, Josef Schönwetter, berichtete, dass die Ortsfreundschaft Leuchtenberg vor etwa drei Jahren ins Leben gerufen wurde. Damals war nicht abzusehen, wie sich die Ortsfreundschaft entwickeln würde, aber es wurde ein jährliches Treffen in einem der Orte vereinbart. Entsprechend kamen die Mitglieder 2019 in Ismaning und letztes Jahr in Denkendorf zusammen. Im kommenden Jahr soll das Treffen in der Stadt Pfreimd in der Oberpfalz stattfinden. Dort war bis 1646 der Sitz der Landgrafen von Leuchtenberg.
Nicolaus Herzog von Leuchtenberg bezeichnete Schloss Stein als einen historischen Ort für die Familie. Er freute sich, dass sich die Familie Ziegler bereiterklärt habe, Gastgeber dieses Treffens zu sein. Er bedankte sich bei Josef Schönwetter und Dr. Helmut Wittmann für die hervorragende Vereinsarbeit und erinnerte an Zoia Belyakova, die seit vielen Jahren in Russland über die Herzöge von Leuchtenberg recherchiert.
Anschließend trugen sich Nicolaus von Leuchtenberg, die Organisatoren, die anwesenden Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie weitere Ehrengäste ins Goldene Buch der Stadt Traunreut ein.
Höhepunkt der Feier war der Vortrag der Historikerin Claudia Thomé Witte, die eigens aus Portugal angereist war. In ihrem gut einstündigen Referat im „Kuhstall“, einem Vortragssaal des Gymnasiums, erfuhren die Teilnehmer des Treffens dann viele interessante Details aus dem Leben der Amelie von Leuchtenberg. Sie wurde 1812 in Monza geboren, reiste 1829 nach Brasilien und heiratete Kaiser Pedro I., musste zwei Jahre später wieder zurück nach Europa und war 1834 mit 22 Jahren schon Witwe. Ihr Leben widmete sie ihrer Tochter Dona Amalia. Diese war mit Erzherzog Ferdinand Maximilian von Österreich verlobt. Leider erkrankte sie schwer und starb 1853 auf Madeira. Ihre Güter im Chiemgau wollte sie dennoch Ferdinand vererben. Da dieser jedoch 1867 als Kaiser von Mexiko kinderlos hingerichtet wurde, fiel das Erbe Stein nach Amelies Tod 1873 an ihren Neffen Nikolaus und die Güter Seeon und Nähreit an ihre Schwester Königin Josephine in Schweden. Diese verkaufte die beiden Güter aber bald darauf an ihren Neffen Nikolaus. Dieser war mit Nadine Annenkova, die von ihrem Mann getrennt lebte, liiert. Da der Zar einer Scheidung nicht zustimmte, waren Nikolaus und Nadine praktisch vom russischen Hof verbannt. Mit Amelies Erbe fanden sie im Chiemgau eine neue Heimat.
Im Anschluss stellte der Landshuter Kunsthistoriker Dr. Bernhard Graf sein neues Buch „Napleons Erben- die Herzöge von Leuchtenberg“ vor. In seinem kurzen Vortrag ging er auf die künstlerischen Begabungen der Leuchtenbergs ein. Er zeigte in Privatbesitz befindliche, unbekannte Zeichnungen. Aber auch die Musik spielte eine große Rolle, besonders in Person von Nicolaus von Leuchtenberg, der 1924 an der Akademie für Tonkunst in München sein Studium abschloss. Er arbeitete als Komponist, Dirigent und Musiker und gründete 1935 einen Kosaken-Chor.
Das Mittagessen wurde im Speisesaal des Schlosses serviert; es gab ein warm-kaltes bayerisches Buffet. Dazu spielte die Traunreuter Stadtkapelle zünftige Lieder.
Nach der Mittagspause standen drei Führungen auf dem Programm. Dazu wurden die Teilnehmer in drei Gruppen aufgeteilt, wobei eine Führung etwa 30 Minuten dauerte. Besichtigt wurden die Höhlenburg, die Brauerei sowie das Neues Schloss mit Kapelle und Privatgarten.
Bei der Führung der Höhlenburg mit Johannes Danner bekamen die Teilnehmer interessante Einblicke in die Geschichte dieses historischen Ortes sowie Informationen über den legendären Raubritter Heinz von Stein. Imponierend sind die in die Nagelfluh-Wand eingehauenen Räume sowie der Brunnen.
Bei der Besichtigung der Brauerei standen die Herstellung des Bieres und die technischen Geräte im Vordergrund. Beeindruckt waren die Besucher über den Bierkeller, der in eine Felswand ragt.
Die dritte Gruppe begann ihren Rundgang mit Sebastian Ziegler im Privatgarten der Familie. Nach der Hauskapelle wurden auch die Privaträume im Neuen Schloss besichtigt. In einem Raum sind noch die Buchstaben „NB“, für Nadine de Beauharnais, im Stuck der Zimmerdecke zu sehen.
Vor dem letzten Tagungsordnungspunkt versammelten sich die Teilnehmer vor dem ehemaligen Leuchtenbergischen Verwaltungsgebäude zu einem Gruppenfoto.
Um 16 Uhr stand als Schlusspunkt die Pflanzung eines Napoleon-Apfelbaumes auf dem Programm. Josef Schönwetter berichtete, wie der Pomologe Hermann Stolberg diese verschollene Apfelsorte vor vier Jahren wiederentdeckte. Über diese „Sensation“ wurde in örtlichen Medien ausgiebig berichtet. Carla Michel, die nur einige Kilometer vom Fundort wohnt, erzählte dann wie der Name „Napoleon-Apfel“ zustande kam. Das Lager der preußischen Truppen vor der Schlacht von Göhrde 1813 war Standort von Apfelbäumen, die später den Namen Napoleon-Äpfel bekamen.
Abschließend erklärte Josef Schönwetter, mit dieser Pflanzung soll ein Zeichen für gesunde Ernährung gesetzt werden. Denn durch die Arbeit der Pomologen wird das Bewusstsein für alte, wohlschmeckende Apfelsorten gestärkt, die weder überzüchtet oder genmanipuliert sind und nicht allergen sind.
Sebastian Ziegler verabschiedete die Gäste und dankte für ihr Erscheinen.
Text: Josef Schönwetter
Bilder: Peter Amann, Anton Kappl, Jean L. Schlim, Josef Schönwetter