Trotz seines Amtes als italienischer Vizekönig begleitete Eugen seinen Steifvater Napoleon im Jahre 1812 auf dessen Feldzug nach Russland, wobei er, wie es in den Quellen heißt, großes militärisches Geschick bewiesen haben soll.
Napoleons Russland-Feldzug hingegen endete damals bekanntlich in einem Fiasko. Es begann schon damit, dass Napoleon bei seinem Einzug in Moskau am 14. September 1812 eine geräumte Stadt vorfand, die dann am nächsten Tag auch noch in Flammen aufging.
Damit war den Soldaten jegliche Möglichkeit für ein Winterquartier und die Versorgung mit ausreichend Lebensmitteln genommen, sodass sie sich zurückziehen mussten. Auf diesem Rückzug aber erlitt die Armee bekanntlich schwerste Verluste. Ein großer Teil der Armee soll auch an Hunger und Kälte gestorben sein. Von den 33000 bayerischen Soldaten jedenfalls kehrten nur etwa 4000 zurück.
Dass Eugen damals überlebte und heil zurückkam, darüber berichtet eine Legende, die im Jahre 1914 von seinem Nachkommen Georg von Leuchtenberg in russischer Sprache festgehalten und dann von Herzog Konstantin ins Deutsche übersetzt worden war.
Im Zuge des russischen Feldzugs hatten die Franzosen am 31. August 1812 in einer Schlacht das Städtchen Zvenigorod an der Moskwa, das sich etwa 50 Kilometer von Moskau entfernt befindet, erobert.
Über dem Städtchen befindet sich noch heute hinter hohen, breiten Mauern mit vier Türmen ein uraltes Kloster namens Sankt Sawwa mit der Kirche Mariä Geburt. Während die französischen Truppen damals in der Nähe des Klosters lagerten, übernachtete Eugen zusammen mit anderen Offizieren im Kloster, wo ihnen in den Zellen der Brüder eine Ruhestätte bereitet worden war.
Eugen war bereits eingeschlafen, als sich die Türe öffnete und eine Person in einem langen, schwarzen Gewand in seine Zelle trat. Im fahlen Mondlicht erkannte Eugen einen alten Mann mit einem langen Bart. Der stand etwa eine Minute vor dem Bett des verblüfften jungen Offiziers, bis er ihn schließlich mit leiser Stimme bat, das Kloster, vor allem aber den Reliquienschrein, vor Plünderungen zu bewahren. Er versprach ihm dafür, dass er einer der Wenigen sein werde, die heil und gesund in die Heimat zurückkehren würden. Außerdem würden seine Nachkommen einmal Russland dienen.
Am anderen Tag betrat Eugen – geführt von einem der zurückgebliebenen Mönche - die Kirche, wo er das Grab Sawwas besuchte und an der Ikonostasis das Bild des Mönchs erkannte, der am Tag zuvor bei ihm war. Hier erzählte ihm der Mönch dann auch die Geschichte vom Klostergründer Sawwa, wie sie in der Klosterchronik niedergeschrieben stand.
Darin heißt es: Zar Alexej Michailowitsch der Sanfte war im Jahre 1653 hier in der Nähe auf der Jagd. Zufällig, doch ohne eine Waffe in der Hand, begegnete er einem riesigen Bären. Ein Ausweichen war unmöglich. Da schlug der Zar das Kreuz, als just in dem Augenblick – wie hingezaubert – ein Mönch zwischen ihm und dem gewaltigen Bären stand, und der Bär augenblicklich verschwand.
Der Zar dankte und fragte den Mönch, wer er sei. Da antwortete ihm der Unbekannte: „Ich heiße Sawwa und lebe dort im Kloster.“ Im Kloster fand sich aber kein Mönch Sawwa. In der Kirche aber erkannte der Zar an der Bilderwand die Abbildung dieses Mönchs. Daraufhin erklärte man ihm, dass dies der ehrwürdige Wohltäter Sawwa Storoschewskij sei, der das Kloster im Jahre 1398 gegründet hatte. Den heiligen Sawwa hat man später auch den „Protektor des Zaren“ und den Beschützer der Stadt Moskau genannt.
Rudolf Hager
Impressionen aus Saawa (von Thomas Schuler, 2018)